Perioperative Delirprophylaxe


Ziele des Projektes

Ziel des Projektes war es, bei operativ versorgten Patienten, die für die Entwicklung eines perioperativen Delirums besonders anfällig sind, durch eine gezielte Betreuung und Umfeldgestaltung, die Entstehung eines Delirs zu verhindern bzw. in der Ausprägung zu reduzieren.

Das primäre Ziel war also die Delirvermeidung, nicht ein schon bestehendes Delir zu behandeln. Denn ein durchlaufenes Delir hat massive negative Langzeitfolgen (v.a. bzgl. Entwicklung Pflegebedürftigkeit) für den Patienten und stellt für Patienten, Angehörige und das Behandlungsteam im Krankenhaus eine enorme Belastung dar.
Als untergeordnetes Ziel wurde das Projekt so konzipiert, die Effekte der Intervention objektiv darstellen zu können (Messbarkeit, externe Evaluation).

Problemstellung

Das Delirium ist ein akuter Verwirrtheitszustand mit desorganisiertem Denken, Desorientiertheit im Allgemeinen und Wahrnehmungsstörungen. V.a. für Menschen über 65 Jahren ist es ein sehr häufiges, potentiell lebensbedrohliches, aber prinzipiell – wenn es erkannt wird – vermeidbares und behandelbares Syndrom (Jenewein & Büchi, 2007). Das peri- oder postoperative Delir (vulgo „Durchgangssyndrom“) ist ein Delir, das sich über die Entstehungssituation definiert: es entsteht in der unmittelbaren postoperativen Phase. Der Entstehungszeitraum beläuft sich auf bis zu 72 Stunden nach der Operation. Die Prävalenz perioperativer Delirien (v.a. bei hüftgelenksnahen Frakturen, nach großen kardialen Eingriffen) beträgt bis zu 70 % (Gallinat et al. 1999, Sharma et al. 2005, Siegemund et al. 2011; Lorenzl et al. 2012). Mit dem Projekt wurden mit der Operation unvermeidbar verbundene Delir-Risikofaktoren abgemildert (Ängste, Unsicherheit etc.).

Verlauf und Maßnahmen im Projekt

Das Kernelement des Projekts „Perioperative Delirprophylaxe“ bestand in der Konzeption und Implementierung einer intensivierten Patientenbetreuung. Hierbei handelte es sich um den gezielten Einsatz von Bezugspersonen, die Orientierung, Zuwendung und Aufmerksamkeit vermitteln. Im Neumarkter Modell „perioperative Delirprophylaxe“ wurde dieses Kernelement der Bezugsperson durch den Einsatz dreier zusätzlicher Betreuungskräfte realisiert. Hauptbestandteile der Betreuungsleistung waren eine schnelle Kontaktaufnahme und die Unterstützung der Patienten in der Aufnahmephase. Danach erfolgte eine kontinuierliche Begleitung der Patienten ggf. auf die Station bzw. direkt in den Operationssaal, die anschließende Betreuung während der Operation (bei Spinalanästhesie) sowie die Anwesenheit im Aufwachraum und möglichst noch über 72 Stunden nach der Operation auf der Station. Wichtig für die intensivierte Patientenbetreuung war, dass die Betreuungskräfte vor der Operation, und somit bereits vor einem möglichen perioperativen Delir, den Kontakt herstellen und so eine Beziehung zum Patienten aufbauen konnten. Die Betreuungskräfte sollten ermöglichen, dass die Patienten eine vertraute Person an ihrer Seite haben können. Auch die Begleitung zum OP-Saal oder, im Fall einer Spinalanästhesie, während der Operation, vermittelte Vertrautheit und Sicherheit und reduzierte Ängste und Unsicherheiten.

Weitere ergänzende Maßnahmen:

  • Schaffung von kontrollierten Rahmenbedingungen für Projekt- und Vergleichsgruppe bzgl. medizinisch-pflegerischer Versorgung durch definierte Behandlungskonzepte.
  • Festlegung und Schulung von zwei Projektstationen.
  • Implementierung eines validen Screening-Verfahrens zur Beurteilung der kognitiven Situation der Patienten durch die Pflegekräfte (DOS-Skala, n. Schuurmans 2001).
  • kontinuierliche DOS-Messung und Datenauswertung der DOS-Werte.
  • Anpassung der Patientenzimmer (Orientierungshilfen, Ausstattung).
  • Definition eines Medikationsschemas bei Delirsymptomen.

Ergebnisse

In der externen Evaluation wurden als positive Effekte ermittelt:

  • Projektpatienten entwickelten seltener ein Delir.
  • Bei Projektpatienten waren Delirsymptome deutlich geringer ausgeprägt und zeitlich kürzer.
  • Diese Effekte sind bei Patienten nach hüftgelenknahen Frakturen deutlicher sichtbar als bei Patienten nach großen abdominellen Eingriffen.
  • Die Dauer der intensivierten Betreuung über mind. 72 Stunden ist maßgeblich für die delirreduzierende Wirkung.
  • Projektpatienten mit Delirsymptomen erhielten seltener Neuroleptika.
  • Fachlich fundierte Beziehungsarbeit und zwischenmenschliche Zuwendung sind wirksame, nebenwirkungsfreie Pflegeinterventionen zur Delirprophylaxe.

Der Evaluationsbericht des Instituts für Pflegeforschung, Gerontologie und Ethik an der Evangelischen Hochschule Nürnberg ist hier verfügbar:

 Abschlussbericht EVHN

Beteiligte und Mitakteure

  • Projektkoordinatorin: J. Gerstmeier-Nehmer
  • Pflege- und Funktionsdienst: B. Krautz
  • Ethikforum am Klinikum Neumarkt: Dr. D. Wittek
  • Klinik für Unfallchirurgie: Dr. T. Schmickal
  • Klinik für Allgemeinchirurgie: Dr. M. Kästel
  • Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin: PD Dr. U. Schwemmer
  • Klinik für Neurologie: Prof. Dr. R. Handschu
  • Evaluation: Institut f. Pflegeforschung, Gerontologie und Ethik an der Ev. HS Nürnberg: Fr. Prof. Dr. Städtler-Mach

Projektlaufzeit

Die Projektphase dauerte vom 01.02.2013 bis zum 28.02.2015.
Seit dem 01.03.2015 ist die spezialisierte Betreuung im Regelbetrieb umgesetzt.

Förderungen

Aufgrund der besonderen Relevanz der Thematik konnten für das Projekt Fördermittel gewonnen werden. Wir bedanken uns für diese Unterstützung!

  • Bayerisches Staatsministerium für Gesundheit und Pflege, München
  • Donauer-Stiftung, Pilsach

Aktuelle Termine



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